Wider das Vergessen 2022

Die diesjährige Fahrt zu einem Konzentrationslager des Deutschen Reiches führte uns nach Nordhausen in den Harz. Das KZ „Mittelbau Dora“ wurde ab 1943 errichtet, um KZ-Häftlinge durch schwere und zugleich qualifizierte Arbeit für den „Endsieg“ auszubeuten und zu Tode zu quälen. Es war in erster Linie ein Arbeitslager, aber Menschen, welche der Schinderei nicht mehr gewachsen waren, wurden an Ort und Stelle ermordet. Mit 39 Schülerinnen und Schülern aus Hoyerswerda machten wir uns am 28.03.2022 mit dem Bus auf den Weg, um Gräueltaten der deutschen SS zu erkunden und ihrer Opfer würdig zu gedenken. Mehr als 60 000 Menschen arbeiteten bis zur Befreiung im Frühjahr 1945 durch alliierte Soldaten im Lager. Mehr als 20 000 Menschen wurden in dieser Zeit ermordet.

Zwei junge qualifizierte Pädagogen begleiteten uns drei Tage in der Gedenkstätte. Fachkundig veranschaulichten Sie uns den Zweck des Lagers und das Leiden der Häftlinge. Sie führten uns aber nicht nur durch die Anlagen, sondern bezogen uns gekonnt in Aussprache, Diskussion und Erkennen ein. Wir erlebten also nicht Vorträge, sondern konnten uns selbst Erkenntnisse und Schlussfolgerungen erarbeiten (siehe Thesen der Abschlussdiskussion).

In einer konstruktiven und intensiven, teilweise konträren Diskussion arbeiteten wir uns durch das schwierige Thema. Die Diskussion ist noch nicht zu Ende.

Mit Blumen und Gedichten gedachten wir am 3. Tag der Toten.

Einen Schlussstrich haben wir nicht gezogen.

Wider das Vergessen.

Wir bedanken uns bei Cindy Paulick, Felix Roth und Mattes Binner.

Und weiter ging es mit unseren Projekttagen 2022 am 30.06. und 1.07.

Die Festveranstaltung in der Kufa Hoyerswerda und der Zeitzeugentag waren eine würdige Fortsetzung unserer 27-jährigen Tradition des Projektes „Wider das Vergessen“. Die anwesenden Schülerinnen und Schüler, Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, Lehrerinnen und Lehrer, Vertreterinnen der RRA der Stadt und unseres Verbandes erlebten gemeinsam anregende und interessante Momente.

Standpunkte wurden konstruktiv ausgetauscht, diskutiert und in verantwortungsvoller Weise auch toleriert. Unterschiedliche Erfahrungen von Jung und Alt sind dargelegt worden und verständnisvoll und intensiv diskutiert worden. Sehr beeindruckt lauschten wir den Ausführungen der Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, bewundern ihre klaren Aussagen, ihre Lebenserfahrungen und ihre weisen Schlüsse.

Anlässlich der Auftaktveranstaltung wurden die Zeitzeuginnen und Zeitzeugen vorgestellt und sehr lieb von den Schülerinnen und Schülern mit Blumen begrüßt:

Roland Hering berichtete über seinen Vater, den Widerstandskämpfer Arno Hering, der unter anderem auch im Spanischen Bürgerkrieg gekämpft hat und nach Auslieferung an die GESTAPO durch den Volksgerichtshof zu 12 Jahren Zuchthaus verurteilt wurde.

Wolf Stölzel berichtete über seinen Vater, der als Kommunist bereits 1934 inhaftiert, schwer gefoltert und schließlich in das KZ Buchenwald verbracht wurde.

Ursula Waage, geboren im Jahr 1928 in Breslau, erfuhr sie die ganze Tragweite des Zweiten Weltkrieges und arbeitete diese in ihren Büchern auf. Nach Umsiedlung aus Breslau nach Radeberg, bei Dresden, arbeitete sie bis zum Rentenalter in der Ökonomie.

Andrè Lang berichtete über seine Mutter Ruth Lang, die als 18-jährige mit ihren Eltern nach England emigrierte, um der Hetze und Gewalt der Nationalsozialisten gegen die jüdische Bevölkerung zu entkommen.

Gisela Plessgott berichtet über das Leben ihres Vaters Reinhold Lochmann, der als Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus verhaftet und in das KZ Buchenwald verbracht wurde. Frau Plessgott ist Mitglied der Lagergemeinschaft Buchenwald/Mittelbau Dora.

Heiderose Gläß berichtet über ihren Vater, der in Schlesien geboren wurde und als Widerstandskämpfer wegen „Anstiftung zum Hochverrat“ von 1934 bis 1937 inhaftiert war, unter anderem auch in verschiedenen Konzentrationslagern. Seinen Wehrdienst musste er im „Strafbataillon 999“ ableisten.

Dr. Andrè Reder, seine Eltern waren bereits 1933 in die Sowjetunion emigriert, wo er auch geboren wurde. Sein Vater war Häftling im Gulag und konnte erst 1955 nach Hause kommen. Andrè Reder hat darüber ein Buch geschrieben: „Das Leben und Leiden meiner Eltern in der Sowjetunion von 1933-1955“.

Ilsegret Fink für Prof. Dr. Heinrich Fink, in Vertretung ihres 2020 verstorbenen Mannes, der uns sehr viel Jahre als Zeitzeuge zum Thema „Christentum und Antifaschismus“ zur Verfügung stand.

Dr. Charles Melis, geboren 1944 in Carcassonne (Frankreich), siedelte er im Alter von drei Jahren mit seiner Familie nach Deutschland um. Insgesamt 14 seiner Vorfahren, sowohl mütterlicher- als auch väterlicherseits sind aufgrund ihrer jüdischen Abstammung im KZ Auschwitz umgekommen.

Ursula von Schirrmeister berichtete uns vom Schicksal ihres Vaters, der am Münchener Platz in Dresden hingerichtet worden ist.

Fanny Pauker kam aus der Schweiz zu uns und berichtete als langjährige Unterstützerin unseres Projektes über das Leben ihrer Vorfahren